Peter Kowald Gesellschaft/ort e.V.

ort
Luisenstraße 116
42103 Wuppertal


Wanderausstellung
Weltniveau im Überwachungsstaat

Öffnungszeiten Ausstellung

Zu sehen ist die Ausstellung an allen Samstagen im März ( 8., 15., 22.3. ) von 14 bis 18 Uhr. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit, die Ausstellung vor allen Veranstaltungen im März ab 18 Uhr zu besichtigen. Diese sind am 3.,4.,6.,9. und 17. März...




Es sprechen:
Wolfgang Schmidtke (Peter Kowald Gesellschaft e.V.)
Stefanie Wahl und Albrecht Ecke, Kuratoren (erinnerungslabor)



um 19 Uhr





um 20 Uhr spielen:




Weltniveau im Überwachungsstaat
Anfang der 1970er Jahre entwickelt sich auch in der DDR eine Musik, die an Individualität, Egozentrik, Spielfreude, Freiheitsdrang, Fantasie und Kreativität kaum zu überbieten ist: der Free Jazz.

Ausgerechnet in dieser geschlossenen Gesellschaft, unter den Augen des Überwachungsstaates, mit Wissen des allzeit gut informierten Staatssicherheitsdienstes und des SED-staatlichen Kulturbetriebes wächst eine in vielen Farben und Schattierungen schillernde Subkultur heran. Der Staat reagiert wahlweise mit Unverständnis und Druck, aber immer wieder auch mit Förderangeboten.

Es entsteht eine kleine, eng vernetzte, hoch kreative und international gefragte Free-Jazz-Szene. Diese Szene lebt von begabten Musikern, die genau für diese Musik brennen. Und sie wird getragen von einem Netzwerk an Unterstützern und vor allem von einem für diese mutigen Ausflüge in neue Klangwelten bereiten Publikum, das für Experimente ebenso offen ist wie die Künstler. Ein Publikum, das den avantgardistischen Improvisationen vielleicht nicht immer folgen kann, aber, einer gläubigen Gemeinde gleich, versteht: Hier geht es um einen Freiraum jenseits der offiziellen Einheitskultur. Tausende sind es in der DDR, die die Jazz- und Kulturklubs regelmäßig bevölkern, die den Protagonisten an die abgelegensten Orte hinterher reisen und kein Festival verpassen.

Im Zentrum der Ausstellung „Free Jazz in der DDR. Weltniveau im Überwachungsstaat“ stehen die Kraft, der Enthusiasmus, die Spiel- und Genussfreude und der über allem stehende leidenschaftliche Freiheitsdrang. Die Ausstellung versucht, die Wurzeln dieses kulturellen, künstlerischen, gesellschaftlichen und politischen Phänomens freizulegen. Dabei umreißt sie die eng vernetzte Musikerszene ebenso wie die Szene der Multiplikatoren, Veranstalter und Fans. Achtzehn Musiker werden in kurzen Porträts vorgestellt, Conny Bauer, Helmut Sachse, Ulrich Gumpert, Günter Sommer und Ernst-Ludwig Petrowsky mit zusätzlichen Audiostationen, an denen ihre Musik abrufbar ist. Veranstaltungsorte wie Berlin und Peitz spielen eine Rolle, weitere wie Leipzig, Jena, Magdeburg, Dresden oder Ilmenau sind mit Bildern und Erinnerungen von Zeitzeugen repräsentiert.

Für die Ausstellung hat die Kuratorin Stefanie Wahl im Sommer 2013 siebzehn Interviews geführt. Die Gespräche mit den Musikern Conny Bauer, Helmut „Joe“ Sachse, Ulrich Gumpert und Günter „Baby“ Sommer können die Besucher in der Ausstellung anhören. Veranstalter wie Martin Linzer (Konzertreihe „Jazz in der Kammer“, Deutsches Theater Berlin) und Ulli Blobel (Veranstalter Peitz) sind ebenso interviewt worden wie Fans und weitere Akteure, deren Erinnerungen ebenfalls an Audiostationen abrufbar sind. So entsteht eine Collage, die die Free-Jazz-Szene gleichermaßen aus Produzenten- und aus Rezipientensicht erfahrbar macht.

Zahlreiche Materialien stammen aus den persönlichen Archiven der Musiker, die für die Ausstellung nicht nur in ihren Erinnerungen gegraben, sondern auch Plakate, Fotos, Platten und Partituren beigesteuert haben. So ist beispielsweise die Erstnotation der Partitur eines der wichtigsten Musikstücke des Free Jazz in der DDR „Aus teutschen Landen“ von Ulrich Gumpert in der Ausstellung als Reproduktion zu sehen.

Free Jazz geht musikalisch neue Wege, und die Ausstellungsarchitektur geht ebenfalls neue Wege. Die klassische Bild-Text-Tafel wird in einer Installation aus Bildern, Plakaten, Zitaten, Plattencovern, Texten und Audiostation aufgelöst. Die dabei entstehenden Überlagerungen inhaltlicher Versatzstücke werden werkstatthaft auf Holzbalken mit rohen Aluminiumrohren gesockelt.

Ein Film vervollständigt das Prinzip der Ausstellung durch eine Collage dokumentarischer Filmmitschnitte der 1970er und 1980er Jahre, die durch Fotos und Zitate ergänzt werden. Die Zitate der Musiker stammen aus den 1970er Jahren und nehmen die Spur der künstlerischen Produktion jener Zeit auf. Die Bilder zeigen das Ost-Berlin der 1980er Jahre als visuellen Hintergrund der musikalischen Assoziationen.

Die Ausstellungsarchitektur ist räumlich flexibel und im Sinne einer Wanderausstellung komponierbar.

Veranstalter: Deutsche Gesellschaft e.V.
Kooperationspartner: Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte Potsdam

Gefördert mit Mitteln der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und der Brandenburgischen Landeszentrale für politische Bildung. Die Wanderschaft der Ausstellung wird gefördert von der Bundeszentrale für politische Bildung.


Kuratoren: Stefanie Wahl und Albrecht Ecke, erinnerungslabor

www.erinnerungslabor.de | Knobelsdorffstraße 23 | 14059 Berlin | Tel. 030.224.886.33